ESA-Astronaut Alexander Gerst im Technik Museum Speyer

ESA-Astronaut Alexander Gerst eröffnete am 4. November 2022 seinen erweiterten Ausstellungsbereich in der Raumfahrtausstellung »Apollo and Beyond« und hielt einen Vortrag über seine beiden Langzeitmissionen sowie
die zukünftigen Missionen zum Mond und Mars

ESA-Astronaut Alexander Gerst und Ausstellungsleiter Gerhard Daum.

Für die jüngere Generation ist er der deutsche Astronaut schlechthin. Die Kooperation mit dem ARD-Kinderprogramm, »Die Sendung mit der Maus«, katapultierte den smarten Raumfahrer schnell in die Herzen der kleinen Fans. Aber auch Jugendliche und Erwachsene konnten sich dem Hype um Alexander Gerst nicht entziehen. Nie zuvor gab es für »Erdlinge« solch tagesaktuelle Einblicke in das Leben und Arbeiten im Weltall. Dank den sozialen Medien konnten die Follower den Tagesablauf von »Astro-Alex« begleiten. Kein Wunder also, dass die Social-Media-Kanäle von Alexander Gerst in kürzester Zeit hunderttausende Fans verzeichneten.

ESA-Astronaut eröffnet mit Museumspräsident Hermann Layher und Ausstellungsleiter Gerhard seinen neuen erweiterten Bereich in der Raumfahrtausstellung »Apollo and Beyond«.

Am 4. November 2022 besuchte Alexander Gerst ein weiteres Mal das Technik Museum Speyer zur Eröffnung seines erweiterten Ausstellungsbereiches und einen Vortrag zu halten. Die Eröffnung mit Museumspräsident Hermann Layher und dem Kurator und Leiter der Raumfahrtausstellung »Apollo and Beyond«, Gerhard Daum, fand im Bereich »Deutsche Astronauten“ statt. Dort sind 65 Exponate von seinen beiden Missionen »blue dot« und »horizons«, die er 2014 und 2018 auf der Internationalen Raumstation (ISS) absolvierte, ausgestellt. Davon sind 41 Exponate die auf seinen Missionen geflogen sind. Ein Highlight sind die ausgestellte Maus und der Elefant aus der ARD-Sendung »Die Sendung mit der Maus« die er bei seiner zweiten Mission »horizons« mit an Bord der ISS hatte. Nach der Eröffnung gab Alexander Gerst Interviews, beispiels-weise für die ARD Sendung »Brisant«, die am gleichen Tag ausgestrahlt wurde.

Ausstellungsleiter Gerhard Daum erläutert ESA-Astronaut Alexander Gerst sein Ausstellungskonzept.

»Ich bin selbst immer wieder von dieser Ausstellung fasziniert«, sagte Alexander Gerst im Anschluss an die Eröffnung beim seit Wochen ausverkauften Vortrag vor mehr als 700 Besuchern in der Eventhalle des Museums. Alexander Gerst zeigte sich überrascht über die große Resonanz auf seinen sehr unterhaltsamen und spannenden Vortrag über seine zwei Weltraumeinsätze. Er erläuterte wie wichtig diese Missionen für unser Leben auf der Erde ist und das der Pioniergeist des Menschen immer weiter erforschen und entdecken will. Bei seinem Vortrag von über einer Stunde nahm er die Besucher mit ins Weltall und beschrieb beispielsweise seine wissenschaftlichen Arbeiten sowie seinen technischen Aufgaben an Bord der ISS.

Gerhard Daum begrüßt nach seiner Anmoderation den ESA-Astronauten Alexander Gerst zu seinem Vortrag in der Eventhalle des Museums.

Alexander Gerst erläutert wo wir uns im Universum befinden.

Insbesondere die vielen Kinder und Jugendlichen im Publikum freuten ihn sehr. Mit seinen spannenden Erzählungen und Erläuterungen sowie tollen Bildern begeisterte er die Besucher ob groß oder klein. Es gab immer wieder Szenenapplaus insbesondere, als Gerst die eine oder andere lustige Anekdote erzählte. Am Ende gab er noch einen Ausblick über die zukünftigen Flüge zum Mond im »Artemis« Programm der NASA. Er hat dabei sehr gute Chancen bei einer der nächsten Mondlandungen, nach den Apollo Mondlandungen von 1969 bis 1972, dabei zu sein. Die Besucher honorierten seinen Vortrag mit einem tosenden Applaus. Die Frage- und Antwortrunde von 20 Minuten war danach nur den Kindern und Jugendlichen vorbehalten. Es gab sehr interessante und auch lustige Fragen und Alexander Gerst hat diese mit Fachwissen und teilweise gutem Humor beantwortet.

Alexander Gerst erläutert wo die Reise der Menschheit hingeht – zum Mars.

Danach ging es zurück in die Raumfahrtausstellung »Apollo and Beyond« wo Gerhard Daum im »Columbus« Modul mit Alexander Gerst ein Videointerview für das Technik Museum Speyer führte.

Videointerview für das Technik Museum Speyer von Gerhard Daum mit Alexander Gerst.

Den Abschluss bildete ein weiteres Interview für eine geplante ARD-Dokumentation von 45 Minuten. Alexander Gerst war zum Schluss sehr angetan von seinem Besuch und wird in nicht so ferner Zukunft wieder nach Speyer kommen.

Mehr Fotos der Eröffnung und des Vortrages mit Alexander Gerst »Astronautenevents«

Autor: Gerhard Daum

Ministerpräsidentin Malu Dreyer besucht „Apollo and Beyond“ und trifft Alexander Gerst

Die Rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer ist bei ihrem Besuch besonders von Mondgestein der Apollo 15 Mission sehr beeindruckt

Die unglaubliche Faszination, die der deutsche ESA-Astronaut Alexander Gerst im letzten Jahr mit seinem live auf Facebook und Twitter zu verfolgenden und mehr als sechs Monate dauernden Arbeits- und Forschungsbesuch auf der „Internationalen Raumstation ISS“ ausgelöst hat, ist bis heute ungebrochen.

Der promovierte Geophysiker und Vulkanologe Alexander Gerst gehört seit 2009 dem ESA-Astronautenkorps an. Am 28. Mai 2014 startete Alexander Gerst an Bord des russischen Sojus-TMA-13M Raumschiffs zur ISS, um dort ein halbes Jahr zu leben und zu arbeiten. Im Mittelpunkt der „ISS-Expeditionen 40 und 41“ standen mehr als 100 wissenschaftliche Experimente auf den Gebieten der Materialforschung, Biologie, Medizin, Physik, Astronomie, Erdbeobachtung und Technik. Außerdem absolvierte er am 7. Oktober 2014 einen Außenbordeinsatz für Wartungs- und Verbesserungsarbeiten an der Raumstation. Am 10. November 2014 flog er an Bord des Sojus TMA-13M Raumschiffs zur Erde zurück. Alexander Gerst verbrachte 165 Tage, 8 Stunden und 1 Minute im Weltraum bei 2.566 Erdorbits. Damit ist er der elfte Deutsche im All und der dritte deutsche Astronaut auf der ISS.
Am 24. und 25. April 2015 besuchte Alexander Gerst Europas größte Ausstellung für bemannte Raumfahrt „Apollo and Beyond“ im Technik Museum Speyer, um von seinem Aufenthalt im Weltraum zu berichten. Freitags fand ein Vortrag für geladene Gäste, darunter Ministerpräsidentin des Landes Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer, statt. Am Samstag gab es einen Ansturm von mehr als 3.000 Besuchern um dem spannenden Vortrag von Alexander Gerst zu lauschen – und um vielleicht sogar ein Original Autogramm von ihm zu ergattern.

Auch Ministerpräsidentin Malu Dreyer ließ sich rasch von der „Faszination Weltraum“ gefangen nehmen und kam am Vorabend der großen öffentlichen Veranstaltung eigens aus Mainz nach Speyer, um gemeinsam mit Alexander Gerst, die höchst eindrucksvolle sowie außergewöhnliche Speyerer Weltraumausstellung zu erkunden und sich von Alexander Gerst aus erster Hand über seine Eindrücke von seiner Weltraummission informieren zu lassen.
Bei ihrem ausführlichen Rundgang durch die Weltraumhalle, begleitet von Gerhard Daum, dem Leiter dieser bedeutendsten Weltraumausstellung des Kontinents, zeigte sich Malu Dreyer tief beeindruckt von der großen Zahl der gezeigten Exponate – von der gewaltigen sowjetischen Weltraumfähre „Buran“, über das 3,4 Milliarden Jahre alte Apollo 15 Mondgestein bis hin zum originalen „Spacelab“ Modul sowie dem Mockup des europäischen Forschungslabors „Columbus“ der ISS. Alexander Gerst übergab Gerhard Daum bereits einen geflogenen Overall, den er während der Mission getragen hat für den von ihm neu konzipierten Ausstellungsbereich „Deutsche Astronauten“. Weitere Exponate sollen in Kürze folgen. Dieser neue Ausstellungsbereich soll noch in diesem Jahr eröffnet werden, und wird die einzige Ausstellung in Deutschland sein, wo alle 11 deutschen Astronauten mit unzähligen Exponaten und detaillierten Infotafeln gezeigt werden.

Insbesondere der unter dickem Panzerglas sicher verwahrte Apollo 15 Mondstein, den Apollo Mondastronaut Eugene Cernan dem Museum 2013 überbracht hatte, faszinierte die Ministerpräsidentin besonders. „Ich könnte mir kaum einen geeigneteren Ort für Ihren Vortrag vorstellen, als eben diese Raumfahrthalle mit ihren tief beeindruckenden Exponaten“, zeigte sich Dreyer begeistert und nahm sich sehr viel Zeit, um sich von Alexander Gerst und Gerhard Daum die Schaustücke ausführlich erklären zu lassen. Ministerpräsidentin Malu Dreyer betonte „Wer im letzten Jahr auf Facebook und Twitter Ihren Aufenthalt im Weltraum mitverfolgt hat, war begeistert und fasziniert von Ihrer Mission „Blue Dot“. Hier, in Europas größter Raumfahrtausstellung, bekommen Ihre Eindrücke den passenden Rahmen“, sagte die Ministerpräsidentin.

Den Stellenwert der Forschung hob auch Gerst in seinem spannenden Vortrag über die Mission “Blue Dot” (“Blauer Punkt”) hervor. “Wir machen die Experimente im Weltall, um das Leben auf der Erde besser zu machen”, so der promovierte Wissenschaftler. Die Forschung auf der ISS sei beispielsweise nicht nur für die Medizin unersetzlich. “In der Schwerelosigkeit hat man so etwas wie Osteoporose”, erklärte er. Diese sei zwar dort nur temporär, dennoch könne man wichtige Erkenntnisse für die Wissenschaft daraus ableiten. Insgesamt 23 Blutproben habe er zu Forschungszwecken dort oben abgegeben.

Der Alltag im All war für das Publikum besonders spannend. Drei Jahre hat sich Gerst bei der europäischen Weltraumorganisation ESA auf den Aufenthalt vorbereitet. “Und alles läuft dabei auf einen Punkt hinaus: den Start”, erzählte der 38-Jährige. “Man hört Gas austreten, die Ventile pfeifen und beim Start gibt es das lauteste Geräusch, das ich je gehört habe”, erinnerte sich Gerst. Mit 26 Millionen PS gehe es dann in Richtung Himmel. Ziel: die Internationale Raumstation ISS in 400 Kilometern Höhe. “Nach acht Minuten ist man da oben, der Rest – etwa sechs Stunden – ist Einparkzeit”, sagte der Astronaut.

Nach seiner Ankunft musste sich Gerst erst einmal mit den Gegebenheiten vor Ort arrangieren: essen, schlafen, forschen in Schwerelosigkeit. Sein Arbeitsplatz, das Columbus Forschungslabor, das auch im Technik Museum zu sehen ist, ersetze ein ganzes Universitätsgebäude, berichtet er. 160 Experimente hat er mit seinen Kollegen durchgeführt.

In seiner Freizeit hat Gerst neben dem täglichen Sportpflichtprogramm viel aus dem Fenster geschaut. Dabei entstanden sind unvergleichliche Bilder, mit denen er nun sein Publikum fesselt. Man sehe sehr viel schlimme Dinge wie Bomben und Raketen in den Krisengebieten oder die gewaltige Zerstörung des Amazonas. “Vor allem habe ich aber wunderschöne Sachen gesehen wie ein Südlicht”, schwärmte er. “Wir Menschen haben noch kaum etwas um uns herum entdeckt. Ich bin gespannt, was noch kommt”, sagte Gerst zur Zukunft der Raumfahrt. “Es ist das größte Abenteuer der Menschheit.”

Mission Blue Dot – Alexander Gerst für 6 Monate auf der ISS

Interview mit dem deutschen ESA-Astronauten Alexander Gerst, der vom 28. Mai bis 17. November 2014 auf der ISS forschen und arbeiten soll.

Welche Einflüsse waren denn für Sie richtungsweisend, die Sie in Ihrer Entscheidung bestärkt haben, Astronaut zu werden? Haben Sie etwas in der Schule erfahren, oder haben Sie Bücher gelesen?

Es war ja nicht meine Entscheidung, Astronaut zu werden. Meine Entscheidung war es nur, mich zu bewerben. Was mich dazu getrieben hat, mich zu bewerben, ist, dass es für mich schon immer ein Traum war, Astronaut zu werden. Für mich war das ohne jegliche Frage und ohne jegliche Zweifel der beste Beruf der Welt. Weil ich mich schon immer gefragt habe, wie das wohl sein mag, die Erde von außen zu sehen und auf einer Rakete zu sitzen. Ich habe das Space Shuttle im Fernsehen gesehen, und ich habe mir immer gewünscht, dass ich da oben mit drin im Cockpit sitze und beim Start die G-Kräfte spüre und dann auch wirklich die Wissenschaft im Weltraum nicht nur mit erleben zu dürfen sondern tatsächlich dann mit daran zu arbeiten. Sozusagen, dass ich meinen kleinen Teil dazu beitrage, dass wir zum Beispiel Muskelschwund auf der Erde besser behandeln können oder das Immunsystem erforschen. Ebenso neue Materialien herstellen für beispielsweise Kraftwerksbrennkammern und Turbinenschaufeln. Das Alpha-Magnet-Spektrometer, das auf der Raumstation ist, das ist ein riesiger wissenschaftlicher Versuch, der herausfinden soll, wo wir herkommen, oder wie der Urknall abgelaufen ist, oder ob es Antimaterie gibt.

Diesen Gedanken oder auch Wunsch hatten Sie also schon in Ihrer Kindheit?

Für mich als neugierigen Menschen und damals als neugieriger kleiner Junge war das so aufregend, der Gedanke daran, selber einmal daran mit arbeiten zu können. Beispielsweise zu sehen, wie damals meine Kollegen die Spacelab Missionen D-1 und D-2 geflogen sind. Als ich das damals als kleiner Junge gesehen habe, da war ich so aufgeregt und dachte wie großartig das wäre, tatsächlich selber einmal da mitarbeiten zu können. Deswegen war es für mich nie eine Frage, wenn es einmal eine Möglichkeit geben würde, dass die ESA-Astronauten suchen würde, wusste ich, ich werde mich da bewerben.

Haben Sie sich denn eine Chance ausgerechnet?

Ich wusste auch, dass ich es nicht werden würde, weil ja die Wahrscheinlichkeit so gegen mich gesprochen hat, dass ich nie davon ausgegangen bin, dass ich das werden würde. Das hat mir vielleicht in der ganzen Auswahl die Freiheit gegeben, so zu sein, wie ich wirklich bin. Weil ich dachte, wenn ich mich jetzt irgendwie verstelle oder versuche den bestmöglichen Eindruck abzugeben, und es dann nicht werde, dann müsste ich mich fragen „Hey, vielleicht hätte es funktioniert, wenn du einfach nur Du selbst gewesen wärst“. Deswegen war es für mich von Anfang an keine Frage, ich wollte einfach so natürlich sein, wie ich bin, und ich wusste, wenn es nichts wird, dann ist es auch nicht schlimm, weil als Geophysiker hatte ich einen tollen Beruf. Ich denke, das hat mir vielleicht letztendlich rückblickend betrachtet die Freiheit gegeben, so zu sein, wie ich bin, und das hat die ESA vielleicht auch gemerkt.

Ich glaube mit dieser Einstellung hat es Ihnen einen gewissen Druck genommen?

Ja, für mich gab es da von Anfang an keinen Druck. Natürlich gegen Ende, als es dann nur noch 20 Bewerber waren, wusste ich „Hey jetzt habe ich wirklich eine Chance“. Da war ich dann auch nicht ganz frei von diesem Druck. Da hätte es mich schon enttäuscht, wenn es mich am Schluss rausgeworfen hätte. Das hätte natürlich passieren können, und da ist auch eine riesen Portion Glück dabei, ausgewählt zu werden. Der Druck kam am Schluss schon so ein bisschen, aber das war nur eine kurze Zeit, und letztendlich war ich sehr erleichtert, als es dann geklappt hat.

Was sind denn die Eigenschaften Ihrer Meinung nach, die ein Astronaut mitbringen sollte?

Ich denke, am wichtigsten ist es, neugierig und ehrgeizig zu sein. Das wenn man ein Projekt angefangen hat, das man dann nicht einfach so leicht über Bord wirft, nur wenn einmal etwas nicht läuft. Das ist so eine Eigenschaft, die man wirklich braucht, weil man sonst vielleicht das drei oder vier Jahre harte Training nicht überstehen wird. Da würde man vielleicht irgendwann zwischendrin aufgeben, und ich denke, das ist eine der wichtigen Eigenschaften.

Sie sind jetzt etwa zwei Jahre im Missionstraining, was war für Sie das Herausragende und was die größte Herausforderung. Waren es mehr die ISS Systeme oder die Sojus Systeme?

Das ist vielschichtig. Was am schwierigsten war, denke ich, dann war es auf alle Fälle innerhalb von drei Monaten Russisch zu lernen. Da geht man mit Absicht an seine Leistungsgrenze dran, weil man natürlich so viel wie möglich rausschlagen will aus dieser Zeit, die man zur Verfügung hat. Weil mit jedem Wort, das man mehr kann, kann man auch besser zusammenarbeiten, das war schwer und bestimmt die größte Herausforderung. Eine körperliche Herausforderung ist es, im Raumanzug zu arbeiten. Das ist sehr anstrengend, man ist für sieben Stunden unter Wasser in einem 160 Kilogramm schweren Anzug.

Das Training für einen Außenbordeinsatz einer sogenannten EVA?
(EVA – Extra Vehicular Activity – Red.)

Genau, man arbeitet unter Druck, der Anzug hat also 3,0 bar Überdruck. Jede Bewegung, die man macht, also wenn man beispielsweise mit dem Handschuh etwas greift, ist es so, als wenn man einen Tennisball quetscht. Das für sieben Stunden lang ist wirklich sehr anstrengend. Das ist schon eine Herausforderung, aber es macht riesigen Spaß, die Arbeiten durchzuführen, die man dann später an der richtigen Raumstation durchführen würde. Wir haben da beispielsweise bei der NASA in Houston ein Schwimmbecken, wo man unter Wasser die Raumstation fast 1:1 nachgebaut hat, und man hat genau die gleichen Geräte und Werkzeuge, wie man sie dann im wirklichen Weltraum verwendet. Man fühlt sich tatsächlich für sieben Stunden, wie wenn man wirklich im Raumanzug außerhalb der Raumstation arbeitet.

Sie werden ja schon in Kürze so eine Art Generalprobe machen in Vorbereitung für den Start als Backup Astronaut für den japanischen Astronauten Koichi Wakata. Wie muss man sich das vorstellen? Sie werden zuerst für etwa vier Wochen ins Kosmonauten-Trainingszentrum ins Sternenstädtchen nahe Moskau gehen. Welches Training müssen Sie dann noch absolvieren?

Ja ,genau so ist es. Ich werde jetzt noch für etwa eineinhalb Wochen den ATV (Automated Transfer Vehicle – Red.) trainieren. Den europäischen Raumtransporter, wie man ihn an die Raumstation andockt. Das ist eigentlich mein letztes Trainingsmodul, das mir noch in meiner Ausbildung bleibt vor meinem Backup Start. Die Ausbildung ist dann damit abgeschlossen. Dann geht es erst einmal nach Russland, und da sind dann die großen Simulationen dran, die man mit seiner Crew durchführt, um zu zeigen, dass man bereit für den Start ist. Man spielt verschiedene Szenarien des Starts, der Landung und den Andockvorgang an der Raumstation durch. Mit meiner Crew in einem wirklichen Sojus Simulator, was wir schon hunderte Male geübt haben, und da wird es dann aber auch bewertet. Bei dieser Simulation bauen die Trainer alle möglichen Fehlfunktionen und Notfälle ein, da gibt es bis zum Druckabfall alles. Wenn man das erfolgreich durchgeführt hat, dann bekommt man den Stempel, dass man bereit für den Flug ist, und dann geht es weiter nach Baikonur.

In den letzten zwei Wochen bereiten Sie sich im Kosmodrom in Baikonur auf den Start vor. Was passiert in dieser letzten Phase?

Das sind, wie Sie schon sagen, dann die zwei Wochen vor dem Start, da ist man dann in Quarantäne, und da ist bewusst das Tempo so gewählt, dass man sich so ein bisschen entspannen kann. Stellen Sie sich vor, wenn man nach drei Jahren Training nicht mehr laufen kann, dann hilft das auch keinem, wenn man zur Startrampe getragen werden müsste. Die letzten zwei Wochen sind dazu da, um zu dekomprimieren und um einige Prozeduren und Überprüfungen im Sojus Raumschiff vor dem Start noch einmal zu wiederholen und durchzuführen. Das Betreuungspersonal achtet darauf, dass es nicht stressig wird, und man bereitet sich in Ruhe für den Start vor.

Wie werden Ihre letzten Monate vor dem Start Ende Mai 2014 aussehen? Was passiert in den viereinhalb Monaten, bevor die besagten letzten sechs Wochen vor dem Start für Sie beginnen?

Ich habe noch mehrere Trips nach Houston und nach Moskau. Ich bin noch drei Mal in Houston, und da werde ich noch einmal im Raumanzug Außenbordeinsätze im NBL (Neutral Buoyancy Facility – Red.) trainieren. In Russland werde ich dann auch noch konkret für die Mission einen Außenbordeinsatz trainieren, den ich wahrscheinlich bei meiner Mission haben werde. Das Training im Hydrolab im Orlan Raumanzug steht dann noch aus. Außerdem werden viele wissenschaftliche Experimente, die für meine Expedition geplant sind, dann ganz konkret trainiert. Da werden Daten gesammelt, es gibt ja viele humanphysiologische Versuche, die ich an meinem Körper durchführe. Wir werden daher vorher Vergleichsdaten sammeln, und diese kommen in den Computer-Tomografen. Es werden Haut- und Blutproben genommen, damit man hinterher Vergleichsdaten hat, was sich während des Fluges verändert hat. Das alles findet in dem nächsten halben Jahr noch statt. Ich bin bei meinem letzten Aufenthalt in Houston mit einem Sensor an meinem Kopf herum gelaufen, der meinen Temperaturverlauf innerhalb von einem Tag gemessen hat. Das gleiche wird dann auf der Raumstation wiederholt, und danach noch einmal auf der Erde. Daraus kann man beispielsweise Schlussfolgerungen ziehen, wie schnell sich ein Körper anpassen kann, das sind Erkenntnisse, die für Schichtarbeiter nützlich sein können oder für Piloten. Von diesen Versuchen gibt es sehr viele, auf die wir uns jetzt alle vorbereiten werden.

Sie sprachen das EVA-Training an. Werden Sie bei Ihrer Mission einen Außenbordeinsatz durchführen?

Auf der amerikanischen Seite ist bis jetzt kein Außenbordeinsatz geplant aber auf der russischen Seite habe ich mein Training im Orlan Raumanzug abgeschlossen. Bei meinem nächsten Aufenthalt in Russland geht es tatsächlich darum, für einen bestimmten Außenbordeinsatz zu trainieren. Es ist die EVA-41, die auf der russischen Seite stattfinden soll. Das ist im Zusammenhang mit dem europäischen Roboterarm, der nächstes Jahr auf dem russischen MLM-Forschungsmodul mit in den Weltraum starten soll und an der Raumstation angedockt wird. Darauf bereite ich mich konkret vor, d.h., das ist eine geplante EVA, und auf der amerikanischen Seite, hatte ich ja schon gesagt, dass aktuell keine geplant ist, aber die Planung für solche EVA`s sind im Moment relativ kurzfristig, und das ändert sich schnell. Deshalb kann es sehr wohl sein, dass da noch etwas kommt. Ich sehe das gelassen.

Es könnte ja sein das die abgebrochene EVA Ihres Kollegen Luca Parmitano in Ihre Mission fallen könnte?

Ja, diese EVA muss ja irgendwann in der Zukunft stattfinden, und in welche Expedition es fällt, das wissen wir noch nicht. Es kann aber natürlich sein, und deswegen bereiten wir uns darauf vor. Wir sind da immer im Training durch die neuesten Entwicklungen immer dabei. Es gibt schon Aufgaben, die wir trainieren, die aus Luca Parmitano`s EVA übrig waren, die wir ganz konkret unter Wasser nachstellen und trainieren.

Aus Ihrer persönlichen Sicht, auf was freuen Sie sich am meisten für Ihre bevorstehende Mission zur ISS? Auf den Start oder auf den mehrere Monate langen Aufenthalt in der Schwerelosigkeit, wo Sie einfach das Volumen in den Modulen auf der Station voll nutzen können?

Ich denke, wie Sie schon sagen, es ist sehr vielschichtig. Das sind alles Sachen, auf die ich mich wirklich sehr freue. Mir fällt es schwer zu sagen, was ist das Beste, oder was ist das, auf was ich mich am meisten freue. Letztendlich weiß ich es dann auch erst, wie es sein wird, wenn ich dort bin. Ich denke eines der Sachen, die mich mit Sicherheit faszinieren werden, ist der Blick zurück auf unsere Erde. Auf diesen kleinen blauen Planeten, der von der Raumstation aus noch sehr groß aussieht, weil er natürlich fast die Hälfte des Blickfeldes ausmacht, wenn man herunterschaut. Aber dennoch ein kleiner blauer Planet ist, der durchs Weltall treibt, und auf den wir aufpassen müssen.

Gibt es eine bestimmte Anzahl an Experimenten, die Sie durchführen werden, oder sind es einfach kontinuierliche Experimente, die also im Moment teilweise schon laufen?

Ja, das ist kontinuierlich. Im Prinzip ist es so, dass die meisten Experimente über mehrere Expeditionen hinweg laufen, weil man natürlich so statistisch eine Datenbasis sammeln möchte, d.h. es gibt jede Menge Experimente die jetzt schon laufen, auf die ich trainiere. Dann gibt es Technologieexperimente, die wir auch nur einmal durchführen, das ist unterschiedlich, aber es ist natürlich so, dass wir etwa 150 bis 160 Experimente üblicherweise in einer Expedition haben.

Hat sich in den letzten Jahren etwas in der Technologie oder ansonsten etwas verändert, was verbessert wurde, und wovon Sie heute profitieren?

Der letzte Deutsche, Hans Schlegel, ist vor fünf Jahren mit dem Space Shuttle ins All geflogen, und das gibt es jetzt nicht mehr. Seitdem hat sich an der Raumstation einiges verändert, da sind einige neue Module dazu gekommen. Beispielsweise kamen das japanische Forschungsmodul und im letzten Jahr ein russisches Forschungsmodul dazu. Was sich hauptsächlich an der Raumstation geändert hat, sind die Forschungsmöglichkeiten. Die sind jetzt erst so richtig auf Hochtouren angelangt, und das ist natürlich eine Nutzungsmöglichkeit, die es damals noch nicht so gab.